Zeit, die man zu verschwenden genießt, ist nicht verschwendet.

John Lennon

Zeit nehmen und Durchatmen trotz Krankheit

Eine ernstzunehmende Diagnose bringt neben medizinischen Folgen auch eine extreme emotionale Anspannung mit sich. Die Ungewissheit, wie es mit dem Leben weiter geht und welche bzw. ob die Therapie helfen wird, tragen zur Verunsicherung bei.

Kaum ist die Diagnose da, geht die Belastung los. Arzttermine, Labor, Bildgebung, Befunde, unzählige Fremdworte die man bisher noch nie gehört hat, diverse Therapien, eventuell noch eine Zweitmeinung,… und oft in Kombination mit dem normalen Alltag mit Job, Kindern, Haushalt, gesellschaftlichen oder familiären Verpflichtungen. All das kann zu innerer Unruhe und Stress führen. Dabei ist Gelassenheit und Achtsamkeit gerade in dieser belastenden Zeit besonders wichtig.

Gelassenheit und Achtsamkeit

Gelassenheit bedeutet Zulassen, etwas lassen, wie es ist. Im Buddhismus spricht man in Bezug auf Gelassenheit auch von Gleichmut. In dem Wort Gleichmut ist das Wort Mut enthalten. Für Gelassenheit braucht man Mut, und zwar insofern, dass man sich traut, das Leben so anzunehmen, wie es ist. Kurz gesagt: Gelassenheit ist, bei sich und im Moment zu sein.

Die Lehre der Achtsamkeit zielt darauf ab, dass man sich Zeit für den Moment nimmt und diesen aufmerksam betrachtet. Es geht darum die Situation anzunehmen, wie sie ist, ohne sie zu bewerten. Hier kurz ein Beispiel anhand von Schmerzpatienten. Sie denken bereits an den bevorstehenden Schmerz und wie schlecht sie sich dadurch fühlen werden und was sie alles dadurch nicht machen werden können. Das ist ein Teufelskreis aus negativen Gedanken, Gefühlen und Verhalten, und der potenziert den Schmerz. Achtsamkeitstraining zielt darauf ab, die körperlichen Symptome anzunehmen, ohne sie zu bewerten: „Ich habe eine körperliche Empfindung, mehr nicht“. Diese Akzeptanz kann den Teufelskreis eventuell sogar beenden.

Das Leben im Hier und Jetzt und die Akzeptanz des Lebens wie es ist, lenkt den Fokus weg von dem was nicht geht, hin zu dem, was möglich ist, was gut ist und was Freude macht.

Niksen – das Glück des Nichtstuns

Niksen kommt aus den Niederlanden und bedeutet Nichtstun. Es geht darum, alles Tun und Denken für einige Momente sein zu lassen und einfach nichts zu tun. Das ist auch der Unterschied zur Achtsamkeit, bei der es darum geht, dem jetzigen Moment volle Aufmerksamkeit entgegenzubringen. Die Idee dahinter ist Körper und Geist einfach eine kurze Auszeit zu gönnen.

Denken sie an sich – sie sind es wert

Natürlich klingt es paradox, wenn so viel zu tun ist noch etwas Neues anzufangen. Aber der Zusammenhang zwischen Entspannung und Lebensqualität gilt als gesichert. Tun sie etwas nur für sich! Denn wie sagte einmal John Lennon: „Zeit, die man zu verschwenden genießt, ist nicht verschwendet.“

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Bärbel Klepp

 

Weiterführende Information:

Es gibt eine Vielzahl an Entspannungsmöglichkeiten, die man üben kann. Hier ein kleiner Überblick:

Progressive Muskelentspannung nach Jacobson

Die progressive Muskelentspannung nach Jacobson ist eine wissenschaftlich fundierte und leicht zu lernende Entspannungstechnik. Sie wurde bereits in den 1920er Jahren vom Arzt Edmund Jacobson entwickelt. Dieser stellte fest, dass es Wechselwirkungen zwischen Muskelanspannung und seelischer Befindlichkeit gibt. Es werden einzelne Muskelgruppen von Kopf bis Fuß angespannt und wieder locker gelassen. Dabei kommt es nach und nach zur inneren Ruhe.

So funktioniert es:
Muskelgruppen isoliert anspannen, diese Spannung für einige Sekunden halten und anschließend wieder loslassen. Für Anfänger ist es häufig am leichtesten, mit den Händen und Armen zu beginnen:

  • Die Hand zu einer Faust ballen.
  • Nach einigen Sekunden die Anspannung bewusst lösen.
  • Danach die Übung mit einer anderen Muskelgruppe, zum Beispiel im Oberarm, wiederholen.

Wichtig dabei ist, sich bei den Übungen auf den Wechsel zwischen An- und Entspannung der Muskeln und die Empfindung dabei zu konzentrieren. Dabei wird die Tiefenmuskulatur schrittweise gelockert und die Körperwahrnehmung verbessert. Es gibt eine Vielzahl von Videos auf Youtube, die eine Progressive Muskelentspannung anleiten.

Autogenes Training zur Entspannung

Das autogene Training basiert auf der sogenannten Autosuggestion. Beim Autogenen Training sagt man sich gedanklich Sätze vor. Zum Beispiel: „Ich bin ruhig.“ Man konzentriert sich auch darauf, einzelne Körperteile zu spüren und gezielt zu entspannen. Fortgeschrittene lernen mit der Zeit, auch nicht bewusst gesteuerte Körperfunktionen (z.B. Herzschlag und Atmung) zu beeinflussen.

So funktioniert es: 
Eine typische Methode beim autogenen Training ist das Wiederholen von formelhaften Sätzen, wie zum Beispiel: „Mein linker Arm ist schwer“ oder „Meine Atmung ist ruhig und gleichmäßig.“
Das Ziel dabei ist, äußere Reize auszublenden und sich selbst in einen Zustand der inneren Ruhe zu versetzen – eine ganzheitliche Entspannung.  Auch hier gibt es Anleitungen auf Youtube

Visualisierungsübung gegen Angst

Hier werden Bilder im Kopf erzeugt, die positive Gefühle auslösen. Dadurch wird der Körper darauf trainiert, diese Empfindungen immer wieder hervorrufen zu können, was zur Entspannung führt.

So funktioniert es: 
Setzen oder legen Sie sich entspannt hin. Stellen Sie sich einen schönen Platz vor, der Sie anspricht: Ein stiller See, ein Platz am Meer oder vielleicht eine Waldlichtung. Wie sieht es dort aus? Hell, dunkel oder bunt? Wonach riecht und schmeckt es? Wie klingt die Umgebung? Still, leise oder hell und klar? Was fühlt Ihr Körper? Ist es kalt, warm, angenehm?
Die angenehmen Gefühle, die durch diese Visualisierungsübung entstehen, haben gleichermaßen einen Effekt auf Körper und Seele: Puls und Atmung werden langsamer, sogar der Blutdruck nimmt etwas ab und es kehrt eine innere Ruhe ein, aus der neue Kraft geschöpft werden kann.

Individuelle Entspannung im Alltag

Es gibt auch kleine Übungen für den Alltag. Hier kann man in wenigen Minuten etwas Kraft tanken.

  • Bewusst tief durchatmen: Egal ob in der U-Bahn, im Wartezimmer oder auf einer Parkbank: Atmen Sie mehrmals tief in den Bauch hinein. Dabei die Handfläche locker auf den Bauch auflegen – das kann helfen, sich richtig darauf zu fokussieren und diesen Moment intensiv wahrzunehmen. Nach dem Einatmen durch die Nase kurz innehalten und kontrolliert durch den Mund die Luft entgleiten lassen.
  • Musik hören: Die Lieblingsmusik kann einen ganz schnell auf positive Gedanken bringen – einfach ausprobieren!
    Im Wald spazieren gehen: Sich die Zeit nehmen, um in der Natur zu sein und einfach tief durchatmen.
  • Ein Bad nehmen: Kaum etwas entspannt so sehr wie ein ausgiebiges Bad. Eine beruhigende Atmosphäre mit Kerzenlicht und leiser Musik bedeutet eine Auszeit im Alltag, die bei innerer Anspannung gut tun kann.

Zusätzlich tragen auch Sportarten wie Yoga, Walking oder moderates Ausdauertraining – dazu gehört zum Beispiel auch Tanzen – zur Entspannung und mehr Wohlbefinden bei. Auch Meditation oder Massagen helfen erwiesenermaßen.

Quellenangaben:
Scott R. Bishop, Mark Lau u. a.: Mindfulness: A Proposed Operational Definition. In: Clinical Psychology: Science and Practice. 11 (3), 2004, S. 230–241, doi:10.1093/clipsy.bph077. Douglas A. Bernstein, Thomas D. Borkovec: Entspannungs-Training: Handbuch der Progressiven Muskelentspannung nach Jacobson. Klett-Cotta, 2007, ISBN 978-3-608-89056-3, S. 99 ff. J. H. Schultz: Das original Übungsheft für das autogene Training. Anleitung vom Begründer der Selbstentspannung. 24. Auflage. TRIAS, Stuttgart 2004, ISBN 3-8304-3157-0.
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